Southern Belle


Ansichten der Southern Belle

Die SOUTHERN BELLE ist ein Heckradampfer und wurde als Bausatz von der Firma Krick angeboten. Das ist schon eine ganze Weile her. Heute ist der Bausatz nicht mehr erhältlich.

Im Bausatz war wenig vorgefertigt. Der Rumpf besteht aus Balsaholzblöcken, einem Sperrholzboden und Sperrholzwänden. Die Aufbauten sind unproblematisch, vor allem auch, weil es kaum Rundungen gibt. Ich habe das Modell genau nach Plan gebaut. Bei den Kesseln der Dampfmaschine habe ich allerdings einiges ergänzt: Messinstrumente, Rohre, Hebel. Auch einige Dinge, die damals immer mitgeführt wurden, kamen auf das Schiff, beispielsweise Mehlsäcke

Die Funkfernsteuerung war von Multiplex, arbeitete auf dem 40-Megahertz-Band und hatte fünf proportionale Kanäle und drei Schaltkanäle.

Der Antrieb erfolgt über zwei Schubstangen (90°-Versatz). Das Gestänge verlangt einen Getriebemotor (Monoperm 12 Volt), der seine Kraft über einen Keilriemen 1:1 auf die Hubstangenmechanik überträgt. Die Umdrehungen betragen bei 12 Volt nicht mehr als zwei bis drei Zyklen pro Sekunde (120, 180 U/min). Nur so fährt der Schuber originalgetreu.

Das Modell ist so aufgebaut, dass man das obere Deck komplett abnehmen kann. Danach ist es kein Problem, die Platte mit der Dampfmaschine und den Schornsteinen herauszunehmen. Darunter gibt es genügend Platz für den nicht sehr großen Bleiakku (12 Volt, 2 Ah), den Fahrtenregler und den Empfänger. Im Maschinenhaus gibt es zusätzlichen Raum, der aber bei dieser Version bis auf den Motor, das Ruderservo und zwei Bleigewichte ungenutzt blieb.

Die ersten Fahrten waren erfolgreich und machten viel Spaß. Man musste sich allerdings auf die Langsamkeit einlassen. Außerdem reagierte die SOUTHERN BELLE ziemlich träge auf Steuerbefehle, zeigte aber trotzdem ein gutmütiges Fahrverhalten. Heikel wurde es nur bei zu viel Wind. Dann reagierte das Schiff eher wie ein Segler, legt sich manchmal bedrohlich zur Seite und nahm auch Wasser auf, das seinen Weg über die Öffnungen für die Schubstangen und auch über die Dampfmaschinenplatte fand.

Stumm wie ein Fisch

Die Lautlosigkeit gefiel mir nicht. Zum einen erwartet man bei einer Dampfmaschine Zischen, Fauchen und Quietschen, zum anderen sollte es ein Typhon geben. Typhone sind Dampfpfeifen. Die Mississippidampfer waren in der Regel mit einem Dreiklang-Typhon ausgerüstet.

Eine Klanganalyse ergibt:

Das ist mit drei einfachen Sinusgeneratoren nicht machbar.

Ich habe dann als Kernschaltung drei Sinusgeneratoren entwickelt, bei denen die Tonhöhen ansteigen und etwa nach einer halben Sekunde die Solltonhöhen erreichen. Alle Tonhöhen und Lautstärken sind einstellbar. Auch die drei Lautstärken erhöhen sich in dieser Zeitspanne auf den Sollwert. Der Klang ist übrigens ein reiner Dur-Dreiklang. Die Frequenzvariationen am Schluss des Signals wären auch mit analoger Technik sicher machbar gewesen, aber der Aufwand war zu groß.

Das Rauschen als Vorlaufgeräusch hatte ich im Prototyp integriert, später aber wieder deaktiviert. Dieses typische Rauschen klang in der Simulation (gefiltertes, weißes Rauschen) immer unecht und störte eher als dass es gefiel.

Und das machte Freude: Der Dampfer war öfter an ruhigen Abenden auf großer Fahrt und weit draußen auf dem See. Betätigte ich dann das Typhon, war es einfach schön anzuhören. Besonders – man glaubt es nicht – das Echo, produziert von Häusern und Bäumen. Die Lautstärke war nicht übertrieben laut, trotzdem war der Klang sehr gut wahrnehmbar.

Zischen, Dampfen, Fauchen, Quietschen

Dampfmaschinengeräusche sind vielfältig und hängen sehr von der Bauart ab. Die SOUTHERN BELLE hatte eine synchronisierte Zweizylindermaschine. Die Zylinder treiben je eine Schubstange an. Also musste es für eine volle Umdrehung zwei Ansaug- und Ausstoßgeräusche geben, synchron!

Das war grundsätzlich kein Problem. Viel schwieriger war es, das Rauschen in ausreichender Lautstärke zu generieren. Etliche Vorschläge in damals gängigen Elektronikheften waren Flops.

Schließlich nahm ich doch einen Bauvorschlag auf, realisierte ihn aber anders. Ich hatte noch eine Handvoll alter Germaniumtransistoren. Betreibt man diese in Sperrrichtung (Basis, Emitter), schlagen genügend Elektronen durch, um ein relativ kräftige Rauschsignal zu erzeugen. Aber auch das musste noch mehrstufig angehoben werden.

Die Synchronität erreicht man mit vier Induktionsspulen, die nacheinander von einem Magneten überfahren werden. Da die Impulse von der Umdrehungszahl unabhängig sind, müssen sie so aufbereitet werden, dass sie immer gleich aussehen. Das lässt sich mit Schmitt-Triggern problemlos realisieren. Diese Impulse steuern dann Torschaltungen.

Schema Dampfmaschinen-Geräuschgenerator

Torschaltungen beeinflussen den zeitlichen Verlauf des Signals. Hier habe ich die Tore so gebaut, dass sie bei eintreffendem Steuersignal das Rauschen mit minimaler Verzögerung durchlassen. Und damit ist die Arbeit der Steuersignale auch schon beendet. Die Zeit für das Ausklingen des Rauschens wird von den Torschaltungen selbst bestimmt. Das Rauschen muss dann noch gefiltert werden. Das Ansauggeräusch sollte hell klingen, das erreicht man, indem man die tiefen Frequenzanteile stark dämpft.

Das Ablassgeräusch sollte wuchtiger klingen. Also habe ich mit diesem Filter die hohen Frequenzen gedämpft und die tiefen verstärkt.

Das funktionierte sehr gut. Ausgelegt waren die Torschaltungen auf die maximale Drehzahl des Schaufelrads, so dass keine, oder nur kaum wahrnehmbare Überschneidung der Geräusche auftrat. Aber die raffinierteste Klangsimulation bleibt unbrauchbar, wenn die Lautsprecherauslegung und Positionierung im Schiff nicht stimmen.

Das beste Ergebnis ergab sich mit einer Sperrholzplatte, die leicht versenkt über dem ganzen Maschinenhaus bündig eingelassen wurde. Der Lautsprecher war ein ovaler, offener Breitbandtöner mit maximal 8 Watt Leistung. Er strahlte nach oben ab. Die Fenster in den darüber befindlichen Deckaufbauten hatten aus diesem Grund keine Verglasung. Da offene Lautsprecher auch nach hinten abstrahlen, ging keine Schalleistung verloren. Der akustische Kurzschluss blieb aus.

Das Modell blieb viele Jahre in dieser Version unverändert. Das änderte sich, als das Schiff mitten auf dem See liegen blieb. Wie ich später sah, hatte sich Treibholz im Heckrad verkeilt. Da der Monoperm mit Getriebe sehr kräftig ist, hatte er den Treibriemen aus der Führung der Antriebsräder gedrückt.

Da dümpelte nun die antriebslose SOUTHERN BELLE. Ein Kollege mit einem Militärboot wollte helfen. Er fuhr sehr vorsichtig an die SOUTHERN BELLE heran, rammte sie aber trotzdem so kräftig, so dass sie für kurze Zeit zu kentern drohte. Etliche Versuche brachten dann aber das Schiff in Ufernähe, so dass ich es bergen konnte. Es hatte so viel Wasser genommen, dass es kurz vor dem Sinken gewesen war. Empfänger, Servo, Fahrtenregler und der Akku hatten das Unglück überstanden. Der selbstgebaute Geräuschgenerator war vielfältig beschädigt. Auch das Typhon ging nicht mehr, was ich sehr ärgerlich fand. Ich habe es aber wieder aktivieren können.

Dann lag das Schiff viele Jahre unbeachtet in diesem Zustand im Keller. Erst Jahre später kam der Impuls, das Schiff neu auszurüsten, mit neuem Antrieb, mit einer sicheren Riemenführung, mit einer Rutschkupplung und mit vielen Geräuschen, jetzt aber ganz anders realisiert als damals. Auch das Äußere wurde verändert.


Die neue SOUTHERN BELLE

2011 beschloss ich also, das Schiff wieder herzurichten. Bis auf die Schubstangenmechanik war das Schiff ausgeschlachtet. Die alte Multiplexfernsteuerung sollte wieder verwendet werden. Ein kleiner Test mit einem Fahrtenregler und einem Servo war allerdings ernüchternd. Der Sender funktionierte nicht mehr. Wegen einer kaum möglichen Reparatur besorgte ich mir eine zeitgemäße 2,4-Gigahertz-Fernsteuerung von Jamara mit vier Proportionalkanälen.

Innenleben der SOUTHERN BELLE (Maschinenhaus)

Den Antrieb übernimmt ein sehr guter Getriebemotor: RB 35 1:30. Er läuft extrem leise, verbraucht im normalen Fahrbetrieb wenig Strom und entwickelt große Kraft. Obwohl er bis zu 12 Volt ausgelegt ist, betreibe ich ihn nur mit 6 Volt. Die Kraftübertragung erfolgt mit einem runden, ziemlich dicken Gummiriemen, der aus einer Staubsaugerdüse stammt. Die Transmissionsräder sind so dimensioniert, dass der Riemen unter keinen Umständen abspringen kann. Der Motorblock ist jetzt zur Einstellung der Riemenspannung verschiebar. Ich stelle sie so ein, dass im Falle einer Schaufelradblockade der Motor zwar etwas gebremst wird, aber nicht stehen bleibt. So habe ich mit einfachen Mitteln eine Rutschkupplung realisiert. Angesteuert wird der Motor mit einem Fahrtenregler, der ebenso wie der Empfänger im Maschinenhaus untergebracht ist. Außerdem befindet sich jetzt dort auch der Fahrakku (6V, 4 Ah). Ich habe den Motor und den Akku wegen der Trimmung möglichst nah zum Schiffsmittelpunkt installiert. So war die SOUTHERN BELLE grundsätzlich wieder fahrbereit. Hier ein Blick ins Maschinenhaus – erkennbar sind u.a. der Motor mit Getriebe, Fahrtregler und Ruderservo.

Neue Geräusche

Das sollte nun etwas besonderes werden. Auf das alte Prinzip wollte ich nicht mehr zurückgreifen. Es gibt heute bessere Möglichkeiten: Ein solches Schiff lebt ja auch dann, wenn es nicht gerade fährt. Die Dampfmaschinen stehen immer unter Druck und bewegen ihre Kolben, auch wenn die Schubstangen abgekoppelt sind. Mal scheppert ewas, mal muss Kohle oder Holz nachgelegt werden, manchmal hört man die Schiffsglocke, die kurze Signale gibt, manchmal wird Druck abgelassen. Ich habe mir dazu alle Geräusche besorgt und eine einstündige "Grundatmo" (so sagen es Tonmeister) zusammengestellt und abgemischt. Diese Atmo habe ich auf einen MP3-Player überspielt. Zur Wiedergabe wurde ein neuer Lautsprecher in die Dampfmaschinenplatte eingebaut. Dazu mussten die Dampfmaschine und die Schornsteine komplett demontiert werden. Der Lautsprecher ist relativ klein, aber leistungsstark, und geeignet, auch tiefe Frequenzen kräftig wiederzugeben. Er strahlt nach oben ab. Die Atmo gibt dem Schiff eine Seele. Es fehlten nur noch die Fahrgeräusche.

Da der Synchronisationsmagnet noch an der Schubstangenmechanik klebte, konnte ich über eine Spule ein Synchronisationssignal pro Umdrehung generieren. Pro Umdrehung brauchte ich wieder vier typische Dampfmaschinengeräusche: Ansaugen, Ausstoßen, Ansaugen, Ausstoßen. Diese Sequenz habe ich auf eine kleine Soundkarte ü;berspielt. Das war etwas komplizierter, weil die Karten nur mit Mikrofon geliefert werden. Das wollte ich aber auf keinen Fall benutzen und habe nach langem Probieren auf der Karte einen Schaltungspunkt gefunden, über den man direkt aufnehmen konnte. Die Soundkarte musste außerdem etwas Besonderes leisten: Bei jedem neuen Impuls musste sie wieder von vorne anfangen. Die Länge der Sequenz habe ich auf die Umdrehungsgeschwindigkeit des Schaufelrads ausgelegt. Wurde das Rad doch mal schneller, verdichtete sich das Geräusch. Der Effekt war, dass es zu holpern begann. Außerdem gab es bei jedem Impuls ein Klackgeräusch, das nicht zu beseitigen war. Das konnte ich so nicht lassen.

Also habe ich mir wieder eine Atmo, dieses Mal eine Fahratmo, zusammengestellt. Die Maschine arbeitet im Fahrbetrieb schneller als im Leerlauf, und auf jeden Fall lauter. Außerdem konnte ich so ein Quietschgeräusch, wie es in der Schubstangenmechanik sicher aufgetreten ist, integrieren.

Das Fahrgeräusch habe ich auf einen weiteren MP3-Player überspielt. Die Zeitabstände der aufeinanderfolgenden Arbeitsgeräusche habe ich gemittelt. Erstaunlich ist, dass man man Asynchronitäten akzeptiert oder erst gar nicht bemerkt. Das ganze funktioniert jetzt so:

Hier zwei Hörproben: Zuerst die Atmo (Leerlauf), dann die Dampfmaschine in Aktion (volle Fahrt).

Das Typhon

Das ursprüngliche Typhon hatte ich schon vor längerer Zeit in die S. Leeman eingebaut, nachdem die SOUTHERN BELLE ja außer Betrieb war. Dort sollte es nun aber bleiben; die SOUTHERN BELLE bekam daher ein neues. Ich habe nach sehr langem Suchen einen passenden Klang gefunden, diesen etwas modifiziert und auf eine zweite Soundkarte überspielt. Aktiviert wird das Typhon über einen Schaltbaustein, der über einen der vier Proportionalkanäle angesteuert wird. Die Karte spielt nach einer Impulsaktivierung den kompletten Typhonklang ab, der etwa drei Sekunden dauert. Will man kürzere Signale geben, ist das kein Problem, denn das Abspielen bei neu eintreffenden Impulsen beginnt auch bei dieser Karte wieder von vorne. Leider fehlt dann das typische Ausklinggeräusch. Für das Typhon habe ich einen separaten Verstärkerkanal eingerichtet. Abgestrahlt wird es vom Lautsprecher über dem Maschinenhaus.

MP3-Player, Schaltstufen, Verstärker und Soundkarte befinden sich unter der Dampfmaschine:

Innenleben der Southern Belle (II)

Aufbauten

Die Wiederauflage der SOUTHERN BELLE verführte mich zu einigen Ergänzungen.

Deckaufbau der Southern Belle

So störte mich schon bei der ersten Version, dass das gesamte Oberdeck ohne Reling auskommen musste. Diese gibt es jetzt, und das durchgängig. Die Stellen, an denen das Rettungsboot ausgesetzt werden kann, habe ich mit zwei Pfosten und Kette, die natürlich etwas durchhängt, ausgestattet.

Das Typhon ist neu, ebenso die Inneneinrichtung des Führerhauses. Ein Fenster ist hier jetzt halb ausgeklappt. Die Schornsteine haben nun etwas Rost angesetzt, wie die Dampfkessel auch. Vor den Feuerluken gibt es einen Laufsteg. Und zu guter Letzt: Die Dampfkesselplatte ist von einer nicht zu hohen, massiven Reling komplett umbaut. Das wäre so auch am Original möglich gewesen. Die Massivreling ist ein wirksamer Schutz vor seitlichem Wassereinbruch.

Die neue Southern Belle

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